Blickwinkel

Böhmermann-Schlappe gegen Computer Bild

Crossmedia

Jan Böhmermann unterliegt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Rechtsstreit gegen die Zeitschrift Computer Bild. Der ZDF-Satiriker hatte geklagt, weil das Blatt ein Foto aus seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ nutzte, um eine Leser-Rabatt-Aktion für einen Digital-Receiver zu bebildern – und ihn damit unfreiwillig zum Testimonial machte.

Von öffentlichem Interesse

Zwar erkannte das Gericht an, dass es sich um eine Werbe-Aktion handelte, die Verwendung des Fotos sei aber dennoch rechtmäßig, „weil der Beitrag zugleich dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit” gedient habe. In der Pressemitteilung zum Urteil konkretisierte das Gericht diese Ansicht folgendermaßen: In dem Beitrag wurde über den Systemwechsel von DVB-T auf DVB-T2 informiert und zugleich auf ein „Aktionsangebot“ des Kooperationspartners der Zeitschrift hingewiesen. Die Umstellung auf die DVB-T2-Technik sei zum Veröffentlichungszeitpunkt eine Frage von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse gewesen. In dem Beitrag seien den Lesern technische Ratschläge gegeben worden. Auch der Bildunterschrift „ENDLICH SCHARF“ sprach das OLG Köln einen Informationsgehalt zu: Sie stelle einerseits die Qualität des Fernsehbildes in HD und andererseits die Qualität des Klägers als Moderators einer Satiresendung heraus – was ein Zeichen der „Wertschätzung“ des Computer Bild-Autors für die Arbeit des Moderators sei.

Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung?

Der Umstand, dass es Computer Bild mit der Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung also nicht ganz so genau nahm, hat der Zeitschrift in diesem Fall keine Rüge eingebracht, sondern einen Sieg vor Gericht. Also, Werbungtreibende aufgepasst: Packt einfach ein wenig Nutzwert von öffentlichem Interesse in eure Werbung und schon ist das ganze keine Werbung mehr, sondern redaktioneller Content. Es sei denn, man ist Influencer, dann ist dieser Mehrwert kein Nutzwert, sondern Grund zur Abmahnung.

Urheberrecht – war da nicht noch etwas?

Doch es wird noch interessanter. So befand das Gericht, dass das Standbild aus der ZDF-Sendung nur gering in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreife. Schließlich rühre es aus einer Situation her, in der sich der Moderator freiwillig dem Blick der breiten Öffentlichkeit preisgegeben habe. Außerdem war man beim OLG Köln der Meinung, es sei „nicht der Eindruck entstanden, der Kläger werbe selbst für das konkrete Produkt“.

Bissige Konter

Das sieht Böhmermann nach dem Urteil natürlich immer noch anders, wie seine bissige Reaktion auf Twitter zeigt.

Auch auf die Wertschätzung seitens der Computer Bild kann er nur pfeifen: „Die einzige positive Überraschung nach dieser ‚unendlich unscharfen‘ Entscheidung des OLG ist die Erkenntnis, dass die ‚Computer-Bild‘ offenbar noch existiert“, ätzt er gegenüber dem Medienmagazin DWDL. Und fügt hinzu: „Ich werde Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.“ Schließlich frage er sich, warum Springer auf ein Leistungsschutzrecht pocht, sein Gesicht aber lizenzfrei verwerten darf. „Mit seinem irritierenden Urteil hat das OLG Köln die wirtschaftlichen Interessen des Axel-Springer-Verlags über den Schutz des Urheber- und Persönlichkeitsrechts gestellt.“

Die nächste, bitte

So geht die ganze Angelegenheit wohl in der nächsten Instanz weiter. Übrigens auch interessant unter dem Blickwinkel, dass die Vorgängerinstanz des OLG Köln, das Landgericht Köln, Böhmermann in erster Instanz mit seiner Klage gegen Computer Bild Recht gab. Dieser Umstand, als auch das Hin und Her in der Rechtsprechung zur Influencerwerbung, erweckt langsam den Eindruck, als sei die deutsche Gesetzgebung in Punkto Werbung noch nicht wirklich ausgegoren.

Unverständnis im Social Web

Diese Verwirrung geht auch an den Rezipienten von Werbung, den geneigten Lesern und Internetnutzern, nicht vorüber. So überwiegen Unverständnis und Entrüstung in den Kommentaren des Böhmermann-Tweets zum Richterspruch. „Finde die Urteilsbegründung schlicht nicht nachvollziehbar. Dein Bild ist für den Informationswert des Beitrages doch im keiner Form relevant. Oder können Computerbildleser technische Infos nur verstehen, wenn sie dein Gesicht sehen?“, fragt sich dort beispielsweise eine Userin. Ein anderer regt sich auf: „Da sieht man mal, wie dringend wir diese EU-Urheberrechtsrichtlinie brauchen, die sowas z.B. überhaupt nicht verhindern würde.“ Besser als dieser Böhmermann-Fan hätte es der Satiriker selbst allerdings auch nicht auf den Punkt bringen können: „Die praktizieren das neue Urheberrecht schon heute. Vorbildlich!“

Autor: KS

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