Blickwinkel

Delta Airlines macht Angst vor Gewerkschaft

Crossmedia

Wenn man wie Delta Airlines so aggressiv Werbung in eigener Sache unter seinen Mitarbeitern macht, sollte man sicherstellen, dass die rote Linie zwischen Employer Branding und Einschüchterung der Angestellten nicht überschritten wird. Für die US-Gewerkschaft International Association of Machinists and Aerospace Workers (IAM) hat die Fluggesellschaft diese Grenze spätestens dann überschritten, als sie Plakate aufhängen ließ, die eine eindeutige und in jedem Fall gewerkschaftsfeindliche Sprache sprechen.

Die Gewerkschaftsbeiträge, so der grobe Wortlaut des Posters, kosten um die 700 US-Dollar pro Jahr. Man sollte (als Delta-Airlines-Angestellter) sein Geld doch lieber in ein Videospielsystem der neuesten Generation investieren, als es für Gewerkschaftsbeiträge auszugeben. Denn das Gaming macht zumindest Spaß. Doch dieses Plakat ist laut IAM nur eines von vielen medialen Machtspielchen, die die Fluglinie mit ihren Mitarbeitern, den Flugbegleitern und dem Bodenpersonal betreibt, um ihnen den Beitritt zur Gewerkschaft so richtig zu vermiesen.

Gehirnwäsche-Videos in Endlosschleife

Der IAM platzte spätestens beim Bekanntwerden des Plakats, das der Journalist Eoin Higgings auf Twitter geteilt hatte, der Kragen.

Die Gewerkschaft erstattete Anzeige – und das nicht nur aufgrund des peinlichen Posters.

Denn die Einschüchterungsversuche gehen und reichen laut Gewerkschaft sehr viel weiter und tiefer. Seit es nämlich seitens der Flugbegleiter und dem Bodenpersonal Bestrebungen gegeben hat, sich wie die Piloten gewerkschaftlich zu organisieren, wurden multimediale Abschreckungsszenarien aufgebaut. Das beginnt laut IAM bei Videos, die in den Pausenräumen laufen und in Endlosschleife Videos abspielen, in denen die Gewerkschaft schlecht wegkommt. Die Angestellten hatten dabei wohl die Wahl zwischen Video schauen und Video ansehen.

Ebenso wurden die Flugbegleiter und die Mitarbeiter am Boden mit Anti-Gewerkschafts-Flyern überhäuft und die Pausenräume damit praktisch tapeziert. Pro-Gewerkschafts-Material hingegen findet sich wohl in keinem Pausenraum. Dafür haben Delta-Manager gesorgt, indem sie rechtlich einwandfreie Gewerkschafts-Flyer heimlich und unrechtmäßig selbst auf den Schließfächern der Angestellten verschwinden ließen und durch Anti-Gewerkschafts-Material ersetzten.

Web-Portal als Propaganda-Channel

Auch das Delta-Airlines-eigene Web-Portal DeltaNet wird seitens der Fluggesellschaft mittlerweile wohl als veritabler Propaganda-Kanal genutzt. Eigentlich als virtuelles Weiterbildungs- und Trainingstool für die Angestellten konzipiert, laufen dort nun zahlreiche Videos, die die Gewerkschaft, deren Arbeit und eine Mitgliedschaft darin verunglimpfen oder gar kriminalisieren.

Selbst über Postings, Messenger-Nachrichten und Flyer-Post in den privaten Briefkasten werden die Flugbegleiter und das Bodenpersonal von Delta Airlines davor gewarnt, einer Gewerkschaft beizutreten. Weiterhin werden auch interne Foren dazu genutzt, Stimmung gegen eine Mitgliedschaft in einer Arbeitnehmervertretung zu machen. Als beispielsweise eine Flugbegleiterin in einem Forum die Gesundheitsversorgung von Delta Airlines mit denen anderer Fluggesellschaften verglich, wurde ihr Zugang zu diesem Web-Portal für mehrere Monate gesperrt. Derweil posteten andere ungestört Inhalte, die sich offen gegen die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft richteten.

Poster werden zum Politikum

Unter der Federführung des linken Senators Bernie Sanders fanden sich insgesamt neun US-Senatoren zusammen und griffen die Geschäftsführung von Delta Airlines in einem offenen Brief scharf an. Die Fluggesellschaft sollte ihren 40.000 Mitarbeitern nicht das ihnen verfassungsmäßig zustehende Recht verwehren, sich in Gewerkschaften zu organisieren.

Delta müsste sofort Schluss damit machen, seine Mitarbeiter mit Anti-Gewerkschafts-Propaganda zu bombardieren. Zudem, so Sanders, sei es dem Delta-Airlines-Management wahrscheinlich schon selbst klar, dass wenn die Angestellten sich bei der IAM organisierten, sie vor allem von höheren Gehältern profitieren würden. Warum sonst, so die spitz formulierte Feststellung des populären Politikers, sollte die Fluggesellschaft Millionen darin investieren, ihre Mitarbeiter mit allen medialen Mitteln davon abzubringen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und zu engagieren.

Alles in allem ging also das zynische und über viele mediale Kanäle ausgetragene Spiel (bzw. die plakative Gaming-Allegorie) von Delta bisher nicht nur nicht auf, sondern sogar nach hinten los.

Autor: MB

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