Blickwinkel

KSK-Werbeserie: Recruiting-Kaliber der Bundeswehr

Crossmedia

Die Bundeswehr sucht mal wieder Personal. Diesmal für das Kommando Spezialkräfte (KSK). Nachdem sie in den vergangenen zwei Jahren überaus erfolgreich via YouTube Nachwuchs für die ordinäre Soldatenlaufbahn rekrutiert hat, zieht sie jetzt mit dem multimedialen Serienprojekt „KSK - Kämpfe nie für dich allein“ alle digitalen Register.

Not macht erfinderisch

Anders als bei der YouTube-Serien „Die Rekruten“ (2016) und „Mali“ (2017) will die Bundeswehr, als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands, nun mit einem 24-Stunden-Serienerlebnis Einblicke in den Arbeitsalltag der Spezialkräfte geben. So wird die Serie hauptsächlich und erstmals über WhatsApp erzählt: Seit dem 12. November gibt es nach dem kostenlosen Abonnieren rund um die Uhr Nachrichten, Bilder und Videos in Echtzeit direkt aufs Handy. Nachmittags ist dann auf YouTube die klassische Folge zu sehen und abends wird im Podcast auf Plattformen wie Spotify, Deezer oder iTunes der Tag zusammengefasst. Wem dieser multimedial-präsente Input noch nicht genug oder zu weicheierig ist, der kann sich noch KSK-Trainingseinheiten als Alexa-Skill herunterladen und Zuhause vor der Couch nach exerzieren.

Aber warum?

Nun mag es verwundern, dass es so einer coolen Truppe an Bewerbern mangelt. Zumal das Kommando Spezialkräfte KSK einer der beliebtesten Suchbegriffe im Zusammenhang mit der Bundeswehr auf Google ist. Aber da die Missionen geheim sind und niemand so genau weiß, was die eigentlich machen – außer deutsche Staatsbürger weltweit aus Notsituationen befreien – muss nun digital Aufklärung betrieben werden. „Wir geben umfassende Einblicke in den Arbeitsalltag des KSK, frei von Legenden, aber stets unter Wahrung der überlebenswichtigen Geheimhaltung. Deswegen bleiben die Kämpfer auch hier maskiert“, erklärt Dirk von Holleben, Beauftragter für die Arbeitgebermarke Bundeswehr im Bundesministerium der Verteidigung.

Zivile Perspektive

Doch nur vermummte, durch Tücher nuschelnde, Helden zu zeigen, war den Verantwortlichen dann offenbar doch zu subversiv. So wurde „Fotograf und Abenteurer“ Robert Marc Lehmann auserkoren, den Alltag des Kommandos im Dschungel von Belize und bei einer internationalen Übung von Spezialkräften in Dänemark aus seiner Perspektive „hautnah“ zu erzählen. Gemeinsam mit den KSK-Mitgliedern absolviert Lehmann die Dschungelausbildung und strapaziert den Spannungsbogen, ob er es ins Team schafft. „Welcome to the Jungle“ wird der Betrachter dann auch schon im Trailer der Serie begrüßt, deren Anfang wie ein Vietnam-Film aus Hollywood anmutet.

Realitätsfern und gefährlich

Da wundert es vielleicht nicht, dass mehr als jeder vierte Wehrdienstleistende die Ausbildung während der Probezeit wieder abbricht – eine Zahl, die gerne verschwiegen wird. So bemängelten Kritiker schon bei „Die Rekruten“ eine realitätsferne Beschönigung des Soldatenlebens. Bei „Mali“ fiel die Kritik mit „Abenteuerspielplatz Krieg“ noch heftiger aus. So kritisierte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete der Linken, Alexander Neu, „die emotional aufgeladenen Aufnahmen, die junge Leute für einen Beruf begeistern wollen, bei dem es aber eigentlich darum geht, im Zweifel zu töten oder getötet zu werden“. Und auch der Umstand, dass der Run auf Bundeswehrjobs im Gefolge dieser Werbefilmchen eine Rekordzahl an U18-Rekruten verursachte, stieß auf herbe Kritik. So erntete auch das Verteidigungsministerium ein heftiges Bashing dafür, dass die Bundeswehr Minderjährige an der Waffe ausbildet.

Keine Skrupel aber ein großes Problem

Sieben Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht melden sich immer weniger junge Menschen zum freiwilligen Dienst an der Waffe. Um die Zwangsverpflichteten zu ersetzen, liefert sich die Bundeswehr einen harten Wettbewerb mit der Wirtschaft. An die Stelle der Kreiswehrersatzämter traten dafür „Karrierecenter“. Langweilige TV-Spots oder Anzeigen mussten digitalem Recruiting im Doku-Soap-Stil weichen. Generell hat man bei der Bundeswehr in Sachen Personalakquise die Spendierhosen an: So kostete „Mali“ beispielsweise saftige 6,5 Millionen Euro. 4,5 Millionen davon gingen allein für die Medialeistung drauf. Vielleicht bieten sich ja demnächst Synergien, indem man bei Drehs vor Ort in Mali oder Belize gleich ein wenig Werbung für den Superarbeitgeber Bundeswehr macht.

Autor: KS

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