Hollywood liegt an der Themse

Von „Superman“ bis „Star Wars“: Große Hollywoodfilme werden oft in Großbritannien gedreht – nicht wegen des Wetters, aber wegen des staatlichen Geldregens, wie Benjamin Triebe für die Neue Zürcher Zeitung herausgefunden hat. Die britische Filmindustrie feiert Erfolge, weil sie für ausländische Produktionen so attraktiv ist. „Mehr und mehr internationale Filme werden hier gemacht. Die Investitionen sind auf Rekordhöhe gestiegen. Die größte Herausforderung ist, mit dem Bedarf an Raum und Fachkräften Schritt zu halten“, sagt Adrian Wootton, Chef der British Film Commission, die im öffentlichen Auftrag die Filmproduktion stimulieren soll.

Margaret Thatcher rettete die Filmbranche

Dem nationalen Statistikbüro zufolge kreierte die Branche im Jahr 2016 eine Wertschöpfung von 7,7 Mrd. Pfund Sterling (8,65 Mrd. Euro), viermal so viel wie 2008. Inzwischen arbeiten mehr Briten für den Film- als für den Pharmasektor, nämlich 60.000. Mitte der 1980er Jahre sah das noch ganz anders aus: Die Branche lag am Boden, nur wenige Filme wurden gedreht. Studios und Verleiher baten die damalige Premierministerin Margaret Thatcher um Hilfe und bekamen sie. Filmproduktionen wurden steuerlich begünstigt.

Die Steueranreize zogen ausländische, vor allem amerikanische Produktionen an und zwang britische Studios, mehr Personal auszubilden und ihre Anlagen zu modernisieren. Firmen entstanden, die sich auf visuelle Effekte spezialisierten. Das lockte trickbegeisterte US-Regisseure wie Tim Burton und später Christopher Nolan an. Disney gehört seit dem Beginn der „Star Wars“-Produktionen 1976 zu den Dauermietern der Pinewood-Studios im Westen Londons. Inzwischen steht Hollywood fest mit einem Bein auf der anderen Seite des Atlantiks.

Netflix, Amazon & Co kurbeln Bedarf weiter an

Auf die finanzstarken Gäste kann die Branche nicht verzichten. 73 ausländische Kinofilme wurden im Jahr 2017 im Vereinigten Königreich gedreht, wie das British Film Institute zählte. Das erzeugte im Land Produktionsausgaben von knapp 1,8 Mrd. £, rund viermal so viel wie vor einem Jahrzehnt. Die 174 rein britischen Filme, die vergangenes Jahr produziert wurden, brachten es nur auf 221 Mio. britische Pfund. Anders ausgedrückt: 29 Big-Budget-Produktionen vereinten 2017 rund 81 Prozent der Filmausgaben in Großbritannien auf sich. Nur zwei waren britischen Ursprungs.

Und eines ist sicher: Der Bedarf an Studioraum wird so schnell nicht schwinden, drängen neben klassischen Filmproduzenten doch inzwischen auch Netflix, Amazon & Co. darauf, ihre Kunden mit eigenen Inhalten zu binden. Das lässt die britische Filmbranche optimistisch in die Zukunft blicken. Zwar ist ungewiss, wie sich der Brexit auf die Anwerbung hochqualifizierter Fachkräfte aus Europa auswirkt, zum Beispiel für Spezialeffekte. Doch der einheimische Pool an Crew-Mitarbeitern ist nicht auf Zuwanderer angewiesen, und an englischsprachigen Schauspielern herrscht auch kein Mangel.

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