Blickwinkel

#metoo wird #timesup: Symbol des Wandels?

Kinowerbung

Golden Globes 2018 – alle, die etwas auf sich halten, laufen in schwarzen Roben und schwarzen Hemden über den roten Teppich. Wer wird zu Grabe getragen? – Die sexuelle Ausbeutung und ungleiche Bezahlung von Frauen durch Männer in der Filmindustrie Hollywoods. Angefangen, hat all das aber auf Twitter.

#metoo

Ins Leben gerufen wurde dieser Ausdruck 2006, von der Frauenrechtlerin und Aktivistin Tarana Burke. Aufgegriffen wurde er Oktober 2017 von der US-Schauspielerin Alyssa Milano. Sie machte die einst politische Bewegung gegen sexuelle Ausbeutung von Frauen zu einem Hashtag und rief Frauen über Twitter auf, sexuelle Nötigungen und Übergriffe aus ihrem Alltag unter eben diesem Hash-tag publik zu machen. Milano selbst prangerte mit ihrem Tweet vor allem die sexuellen Übergriffe in Hollywood an.

Ausgelöst wurde die #metoo-Debatte durch zahlreiche öffentliche Anklageschriften von bekannten Hollywood-Schauspielerinnen. Die Klageschriften waren an den Produzenten Harvey Weinstein adressiert, der über Jahrzehnte Frauen in der Branche sexuell genötigt und missbraucht haben soll – von der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen mal ganz abgesehen.

Nach Milanos Twitter-Post entbrannten die sozialen Netzwerke innerhalb kürzester Zeit. Tausende von Statusmeldungen poppten in den Timelines von Twitter, Facebook und Instagram auf, versehen mit dem Hashtag #metoo und sehr privaten und persönlichen Erfahrungsberichten von weiblichen, aber auch einigen männlichen Nutzern. 

Über mehrere Tage wurden aus den Tausenden von Bekundungen, Hunderttausende, schließlich Millionen Zeitzeugnisse. Hier kamen sie alle zusammen, die Frauen (und Männer) dieser Welt, von Lady Gaga bis zur Kellnerin aus Bielefeld. #metoo lautete der Aufschrei: zu deutsch „auch mir (ist das passiert)“.

Grab them by the pussy: Frauen auf Vormarsch

Die Stimmung brodelte in den USA schon das ganze letzte Jahr. Angefangen mit Trumps Präsidentschaft, die, die USA in mehrere, aber insbesondere 3 große Lager und Debatten aufspalten sollten.

Die Debatte um Frauenrechte, die Debatte um Black Lives Matter und die Debatte um den radikalen Rechtsruck im Lande.

Die Debatte um Frauenrechte fand einen ihrer vielen Höhepunkte in einem der misogynistischen Kommentare Trumps. Wir erinnern uns an dieser Stelle kurz an das legendäre „Grab them by the pussy!“. Die Äußerung, eines US-Präsidenten wohlgemerkt, die sofort mit groß angelegten Frauenaufmärschen der US-Amerikanischen Bürgerinnen quittiert wurde. Das war Anfang 2017.

#metoo: Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort

Vor solch einem politisch hoch aufgeladenen Kontext, überrascht es kaum, dass #metoo ein Dreiviertel Jahr später auf fruchtbaren Boden fällt. Fast wirkt er wie der verlängerte Arm der Frauenmärsche Anfang 2017. Während diese auf den Straßen dieser Welt stattfanden, war das Hashtag #me-too indes zunächst eine rein digitale Bewegung, die sich jetzt nun als #timesup auf dem roten Teppich der Golden Globes verlagert hat. Hätte die #metoo/#timesup Bewegung auch ohne den Einsatz von Social-Media-Netzwerken solch eine Reichweite erlangt? - Wohl kaum in diesem Ausmaß.

Social Media als Ort soziokulturellen Wandels?

Die Reichweite des Internets ist unbestreitbar groß, das lässt sich auch wieder an der Bewegung des #metoo feststellen. Millionen von Social-Media-Nutzerinnen sollen den Hashtag #metoo genutzt haben und Alyssa Milanos Twitter-Post soll am selben Tag, eine halbe Million gerepostet worden sein, lauten Schätzungen aus der amerikanischen Presse.

Allein 800 Millionen Nutzer auf Instagram, ermöglichen einen unmittelbaren und simultanen Kontakt mit aktiven Nutzern und den Zugriff auf eine breitgefächerte demographische Masse von 14 – 60-jährigen Nutzern und Nutzerinnen. Noch nie zuvor wurden auf globalem Niveau solche Menschen-massen auf direktem Wege erreicht.

Ohne das Internet und die sozialen Netzwerke hätte es kein Hashtag gegeben, Fakt. Und schon gar nicht die globale Kulisse, die die Bewegung bis jetzt zu erobern wusste. War Tarana Burke 2006 noch für die Bewegung der Gleichstellung der Geschlechter auf Brooklyn begrenzt, so ermöglicht das Hashtag erst Ende 2017 ein globales Bekenntnis zur Bewegung.

Sollte auf #metoo wirklich langfristig die Initiative #timesup* folgen, wird #metoo einen analogen und realen Mehrwert erzeugt haben, wie er gerade auf dem roten Teppich in Hollywood zur Schau getragen wurde. Vielleicht ist #metoo dann eine der ersten soziopolitischen Bewegungen, die Social Media wortwörtlich zu einem sozialen Netzwerk machen.

Ob eines der beiden Hashtags nun das Symbol der weiblichen Gleichstellungsbestrebung bleibt oder nicht, die Golden Globes dürften dieses Jahr so politisch gewesen sein, wie selten zuvor.

Autor: DR

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