
Als Google Ende Oktober in einem Blog-Post bekannt gab, die gravierendste Algorithmus-Änderung seit Jahren vorgenommen zu haben, verfiel eine ganze Branche in Aufruhr. Denn der Umstand, wer mit seinen Inhalten in der Liste der Suchergebnisse wo erscheint, beeinflusst unzählige Geschäftsmodelle. In der Konsequenz wächst der Berufszweig Suchmaschinenoptimierung seit Jahren ungebremst.
Künftig soll die Suchmaschine ganze Sätze verstehen und den Nutzern damit noch relevantere Ergebnisse anzeigen. Nach Google-Angaben wird etwa jede zehnte Suchanfrage von der Optimierung betroffen sein – und damit andere Ergebnisse erhalten als bisher. Allerdings erst einmal nur in den USA. Die Änderungen werden schrittweise und in weiteren Ländern ausgerollt. Wann es in Deutschland so weit sein wird, ist noch offen.
„Das ist die größte, beste Änderung, die wir in den vergangenen fünf Jahren gemacht haben und vielleicht die größte seit unseren Anfängen“, jubilierte Google-CEO Sundar Pichai bei der Präsentation der Geschäftszahlen für das dritte Quartal. Die dahinter liegende Technik basiert auf Künstlicher Intelligenz und hört auf den Namen BERT, die Kurzform für Bidirectional Encoder Representations from Transformers. BERT sorgt dafür, dass der Google-Algorithmus nicht mehr nur wie bisher die Reihenfolge der eingegebenen Wörter berücksichtigt, sondern auch in deren Kontext einordnet.
Google illustriert die Optimierung an einem Beispiel wie „2019 Reisender aus Brasilien in die USA Visum benötigt“. Wurden auf diese Suchanfrage vor BERT auch Ergebnisse für US-Reisende nach Brasilien angezeigt, kann der neue Algorithmus die Wichtigkeit der Präpositionen nachvollziehen und somit den Zusammenhang einer Sucheingabe verstehen.
Zumindest meistens. Die Suchanfrage „Welcher Bundesstaat liegt im Süden von Nebraska“ beantwortet BERT nicht mit Kansas, sondern mit „South Nebraska“, einer kleinen Ortschaft in Florida. So betont Google auch, dass der neue Algorithmus noch nicht perfekt funktioniert und weiter optimiert wird. So sollen dem System mit menschlichen Testern sowie sogenannten AB-Tests, bei denen die Nutzer zufällig entweder die Ergebnisse des alten oder die des veränderten Algorithmus‘ erhalten, Fehler ausgemerzt werden.
Ob BERT auch Werbeanzeigen betreffen wird, ließ Google erst einmal offen. Bei der Präsentation der Q3-Geschäftszahlen formulierte Google-Boss Pichai allerdings diesbezüglich: „Natürlich verwenden wir oft die gleichen Techniken und Algorithmen, und ja, manchmal macht das auf der Anzeigenseite Sinn.“ Eine spätere Nachfrage des amerikanischen Blogs „Search Engine Land“ bei Google ergab jedoch, dass BERT (erst einmal) nicht bei Werbeanzeigen zum Einsatz kommt. Die bekannte US-Webseite zum Thema SEO und Suchmaschinen bringt News zu Google und SEO oftmals exklusiv.
Vielleicht braucht der Konzern einfach noch ein wenig Zeit, um verschiedene Szenarien durchzurechnen. Schließlich wächst Googles Werbegeschäft weiterhin rasant. So erwirtschaftete der Internet-Riese im vergangenen Quartal einen Umsatz von fast 34 Milliarden Dollar mit Anzeigen – vor allem in den Wachstumsfeldern Mobile- und Bewegtbildwerbung. Und auf die Einordnung des Google-Algorithmus` in den Kontext der Gewinnmaximierung hat sich der Konzern in der Vergangenheit immer bestens verstanden.
Autor: KS
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