Social Media und E-Commerce im Nahen Osten

Der Nahost-Raum ist nicht ausschließlich von politischen und religiösen Konflikten geprägt, sondern bietet gerade für die Tech-Riesen und den E-Commerce riesiges Potential. Denn die arabische Halbinsel, der Levante und Maghreb sind geprägt von jungen und Technik affinen Millennials und Angehörigen der Generation X. Gut zwei Drittel der Bevölkerung und damit rund 200 Millionen Menschen sind nämlich unter 30 Jahren. Ein guter Grund, um die Präferenzen der jungen Erwachsenen in der Region in Sachen soziale Netzwerke, klassische und digitale Medienangebote wie auch bezüglich des Online-Handels zu erforschen.

Das genau machte die in Dubai ansässige PR-Agentur ASDA’A BCW dieses Jahr bereits zum 11. Mal. Im Rahmen ihrer Arab Youth Survey befragte sie 3.300 Teilnehmer aus Bahrain, Kuwait, dem Oman, Saudi Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Algerien, Ägypten, Marokko und Tunesien wie auch aus dem Irak, dem Libanon, Jordanien, den Palästinensischen Autonomiegebieten und dem Jemen, wie sie es u.a. mit den Social Media, Print-Produkten, dem TV und dem Einkauf in Online-Shops so halten.

Facebook und Twitter als beliebteste Nachrichtenkanäle

Sei es aufgrund von Zensuren oder staatlich gleichgeschalteten Medien oder weil sie schneller liefern und praktisch jederzeit und überall verfügbar sind oder auch, weil man seinem Netzwerk eher eine authentische und unabhängige Berichtserstattung zutraut: Facebook und Twitter sind der Nachrichtenkanal Nummer 1 für die junge Generation des Nahen Ostens. 80 Prozent geben mittlerweile an, dass sie ihre News vornehmlich über die beiden Plattformen beziehen.

Betrachtet man, dass es vor vier Jahren noch nur gut ein Viertel der Befragten war, wird deutlich, wie wichtig Facebook und Twitter als nicht-staatlich gelenkte Informationsquellen für die junge Bevölkerungsgruppe in Nahost sind.

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Das Fernsehen hat im Vergleich zu den Social Media an Bedeutung verloren, wenn es um die Nachrichtenversorgung geht. Auch wenn es immer noch zwei Drittel der Befragten und damit sechs Prozent mehr als 2015 sind, die angeben, ihre News über das TV zu beziehen, liegt es klar hinter den Social-Media-Kanälen und nur etwas vor Online-Nachrichten-Formaten (61 Prozent, d.h. ein Plus von gut einem Fünftel gegenüber 2015).

Aber auch die Familie und Freunde sind mit 42 Prozent wichtige Bezugspunkte für die Versorgung mit Neuigkeiten – noch wichtiger als Zeitungen (27 Prozent), das Radio (19 Prozent) oder Print-Magazine, die von nur 9 Prozent genutzt werden, um dadurch ihre regelmäßige News-Dosis zu erhalten.

Das Nachrichten-Übergewicht der Social Media und speziell von Facebook gegenüber TV-Sendern, oder noch sehr viel frappierender im Vergleich zu Print-Produkten, wird noch deutlicher, wenn man betrachtet, welche Info-Quellen die jungen Menschen in Nahost auf täglicher Basis konsultieren, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Diese Ergebnisse, so die Studie, reihen sich fast nahtlos in einen globalen Kontext ein. So sind es beispielsweise auch 36 Prozent der jungen Erwachsenen in den USA, die ihre Nachrichten vornehmlich aus den sozialen Netzwerken ziehen, verglichen zu 27 Prozent, die sich diese Infos über Online-Nachrichtenseiten holen und zu 16 Prozent, die sich über das TV informieren. Weltweit holt sich mit 53 Prozent sogar etwas mehr als die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen mindestens einmal pro Woche aktuelle News aus den Social Media.

Vertrauen ist gut, Social Media sind besser

Auch in Sachen vertrauensvolle Informationsquellen haben die sozialen Netzwerke die Nase vor den klassischen Medien, wenn auch mit nur geringem Vorsprung. 60 Prozent der jungen Erwachsenen in der arabischen Welt glauben den Inhalten in den Social Media mehr als jenen der Fernsehsender, Zeitungen und dem Radio. Diese linearen Medien nämlich halten nur 55 Prozent für vertrauenswürdig. Ganze 30 Prozent misstrauen den traditionellen Informationskanälen sogar, während es bei den Social-Plattformen nur 23 Prozent sind. In Summe bedeutet dies einen Netto-Vertrauensvorschuss von 37 Prozent für die Social Media gegenüber nur 25 Prozent bei den klassischen Medienformaten.

WhatsApp dominiert in den Golfstaaten

Der Blick auf die tägliche Nutzung unterschiedlicher Social-Media-Anwendungen seitens der jungen Araber zeigt einige regionale Unterschiede. In den Golfstaaten (Gulf Cooperation Council – GCC, mit Bahrain, Kuwait, dem Oman, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten) ist es vor allem WhatsApp, das von 96 Prozent täglich genutzt wird. Facebook und Instagram folgen mit 81 respektive 79 Prozent in gebührendem Abstand, ebenso wie YouTube und Snapchat (beide 76 Prozent) und auch Twitter mit 68 Prozent.

Im Maghreb wiederum ist Facebook mit 88 Prozent täglicher User die unangefochtene Nummer 1, während sich WhatsApp mit 70 Prozent an Nutzern pro Tag mit dem zweiten Rang begnügen muss, dafür aber weit vor YouTube (65 Prozent) und Instagram (55 Prozent) liegt.

Zusammenfassend fällt für den nordafrikanischen Raum auf, dass die Anzahl täglicher Nutzer der größten Social Media insgesamt niedriger ausfällt als in den Golfstaaten oder auch in der Levante-Region. Hier jedenfalls liefern sich WhatsApp und Facebook mit 89 bzw. 88 Prozent ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen, während YouTube mit 77 Prozent etwas abgeschlagen auf dem dritten Treppchenplatz steht.

Entsprechend fällt das Ranking aus, wenn man die jungen Menschen in Nahost nach den sozialen Netzwerken und Plattformen fragt, die ihnen am wichtigsten sind.

Die Millennials – und die, die es als Generation X fast noch sind – in den Golfstaaten geben mit 30 Prozent klar der Messenger-App den Vortritt. Nur ein Fünftel der jungen Erwachsenen auf der arabischen Halbinsel sagt, dass Facebook der wichtigste Social-Media-Kanal für sie sei. Von Ägypten bis Tunesien wiederum ist es mit 56 Prozent weit über die Hälfte, die Facebook für unverzichtbar hält – und das weit vor WhatsApp (19 Prozent). Auch im Irak, im Libanon, in Jordanien, den Palästinensergebieten und im Jemen ist Facebook das wichtigste soziale Netzwerk. Hier jedoch nur für 37 Prozent, während immerhin fast ein Viertel (24 Prozent) für WhatsApp votiert.

E-Commerce in Nahost nimmt zu

Waren es 2018 noch 53 Prozent der jungen Araber, die mehr oder minder häufig online einkauften, sind es dieses Jahr mit 71 Prozent fast ein Fünftel mehr. Noch genauer betrachtet hat die Zahl der monatlichen Online-Shopper innerhalb von einem Jahr um acht Prozent zugelegt und die Anzahl derjenigen, die seltener als einmal pro Monat im Internet einkaufen, ist um genau zehn Prozent gestiegen. Entsprechend weniger (-18 Prozent) sind nun diejenigen, die nie in virtuellen Shops ihr Geld lassen bzw. bisher noch nicht gelassen haben.

Doch auch wenn die Aufholjagd des Nahen Ostens im E-Commerce furios war, sind die Menschen dort insgesamt noch etwas verhaltener, was das regelmäßige Ausleben von Online-Shopping-Bedürfnissen angeht. Während nämlich der US-Online-Käufer durchschnittlich 19 Mal pro Jahr Geld auf die virtuellen Theken legt, geschieht dies im Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika nur zweimal jährlich.

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Und doch erlebt der E-Commerce in den Golfstaaten, dem Maghreb und im Levante erfrischende Impulse. Wachstumstreiber ist dabei das Segment Bekleidung. 47 Prozent haben bereits Klamotten online gekauft. Mit 37 Prozent folgen die Fertiggerichte. Zudem hat mit 33 Prozent ein Drittel der in der Region befragten Millennials und Generation X mindestens einmal Unterhaltungselektronik im Internet gekauft.

Bezahlt werden die Online-Einkäufe fast zu gleichen Teilen mit Debit- und Kreditkarten oder mit Pre-Paid-Geldkarten einerseits und mit Barzahlung bei Lieferung auf der anderen Seite. Verglichen zum Vorjahr hat damit die Kartenzahlung leicht zugelegt, während es nun etwas weniger Online-Shopper sind, die ihre Bestellungen aus dem Netz per Nachnahme zahlen.

Auch in Sachen Payments im E-Commerce lohnt sich abschließend ein vergleichender Blick auf die drei Regionen: Die jungen Menschen in den Golfstaaten bevorzugen zu 60 Prozent das bargeldlose Bezahlen, während es im Levante 43 Prozent und im Maghreb nur 35 Prozent sind, die ihre Rechnungen mit Karte begleichen.