
Am 2. Januar erreichen wir Andalusien. Die Landschaft wird karger, das Licht umso beeindruckender. Als wir nach einem Supermarkt suchen, merken wir schnell, dass ist hier nicht so einfach. Nach langer Suche finden wir einen Sparmarkt in einem kleinen Ort namens Cabo de Gata. Wir beschließen uns irgendwo an den Strand zu stellen – müssen uns jedoch zunächst einig werden, ob wir uns ganz frei direkt an den Strand stellen oder doch den Parkplatz an der Strandpromenade benutzen möchten.
Die Plätze am Strand sind ziemlich abenteuerlich; man steht auf einem kleinen Plateau, welches steil zum Meer abfällt. Als dann noch ein großer Hund aus einem der Camper kommt, ist für Oskar mit seiner Angst vor Hunden schnell klar: wir fahren zurück zum Parkplatz.
Cabo de Gata wirkt auf uns wunderbar verschlafen und urig. Die Promenade am Strand ist einfach aber es gibt Cafés ganz nach unserem Geschmack. Viele Individualtouristen und Aussteiger scheinen diesen Ort zu kennen und zu schätzen. Die Kinder spielen am Strand, der hier sehr steinig, jedoch wunderbar weitläufig ist.
Abends erzählt uns der Rentner im Wohnmobil neben uns, dass er wieder auf dem Weg nach Marokko ist, wie seit 20 Jahren im Winter. Seine Bekannten warten da schon auf ihn und er hat auch dieses Mal wieder seinen Unterboden voll beladen mit Weißbier – allerdings in Plastikflaschen die er dann im Frühjahr wieder mit nach Deutschland nimmt. Wir sind jetzt kurz vor Almeria von wo aus viele Wohnmobilreisende nach Marokko übersetzen.
Am nächsten Tag fahren wir weiter. Wir haben von einem Stellplatz direkt im Hafen von Almeria gehört. Etwas skeptisch, wie sicher dieser Platz am Hafen sein wird, machen wir uns auf den Weg. Die Landschaft ist zum größten Teil mit weißen Planen verdeckt. Wir sehen viele Feldarbeiter. Die Erträge werden direkt in große Lastwagen gepackt und zu den Supermärkten gefahren. Statt mit idyllischen Landstrichen präsentiert sich Andalusien in diesem nördlichen Teil eher ärmlich und man merkt, dass hier weniger vom Tourismus gelebt wird als von Landwirtschaft.
In Almeria angekommen, sind wir positiv überrascht: Der Stellplatz im Hafen ermöglicht uns einen freien Blick auf die Bucht von Almeria und ist nicht überfüllt. Wir stehen direkt zwischen den Hafenbecken und sehen die großen Passagierschiffe nach Marokko und die Kanarischen Inseln abfahren und schauen eine Zeitlang dem Treiben zu. Später rollern wir durch die Stadt und entdecken ein paar schöne Plätze. Insgesamt wirkt Almeria sehr ursprünglich spanisch.
Als die Kinder abends schlafen, ertönt plötzlich laute Blas- und Trommelmusik. Es ist so laut, dass wir erschrocken zusammenfahren und raus in die Dunkelheit schauen. Wir stellen fest: dies ist der Ort, an dem das Stadt- oder Hafenorchester seine Proben abhält. Wir machen ein Video von dieser surrealen Szene und hoffen, dass die Kinder nicht aufwachen. Aber alles bleibt ruhig.
Am nächsten Tag möchten wir das Castillo in Almeria besichtigen. Schon der Weg durch die Gassen der Altstadt, den steilen Anhang hinauf, ist eine Herausforderung mit Lou‘s Wagen. Oben angekommen, stehen wir vor der nächsten Hürde: mehrere Stufen führen zur Burganlage. Bepackt mit Rollern, Kindern und Wagen, erklimmen wir die Stufet. Wir sind begeistert über die gut erhaltene Anlage sowie den atemberaubenden Blick auf Almeria und den Hafen. Ganz klein entdecken wir unsere Laika im Hafenbecken. Auch die Kinder finden das Castillo großartig und klettern auf jede Mauer und schauen sich alles genau an. Erst jetzt lesen wir, dass diese Festung die zweitgrößte nach der Alhambra ist und viele bekannte Filme, wie z.B. Cleopatra, hier gedreht wurden.
Wieder unten angekommen machen wir Pause an einer der grünen Ramblas und die Kinder spielen auf den zahlreichen Spielplätzen. Die große Anzahl der Spielplätze in Spanien fällt uns immer wieder auf und in Almeria finden wir, dass es definitiv ein Überangebot gibt. Wir kommen kaum noch voran, da nach fünf Metern bereits das nächste Spielareal beginnt. Die Kinder allerdings lieben es jedes Mal wieder die neuen Anlagen zu erkunden und werden immer selbstständiger.
Abends essen wir im Camper und beobachten dabei das Ein- und Ausfahren der riesigen Schiffe. Es ist schon sehr laut und das dumpfe Dröhnen etwas gewöhnungsbedürftig. Aber es vermittelt auch eine tolle Stimmung, so nah am Hafen zu stehen.
Am 5. Januar setzen wir unsere Reise fort und sind überrascht wie schnell sich die Landschaft wieder ändert in eine grünere und lieblichere Gegend. Hier sieht es aus wie man sich Andalusien vorstellt und wie es dargestellt wird: Ansammlungen von weißen, quadratischen Häusern in den Bergen, Andalusier Pferde, die am Berghang grasen und natürlich das unvergleichliche, goldene Licht.
An diesem Tag im Januar ziehen jedoch dunkle Wolken auf. Wir überlegen wo wir hinfahren und entscheiden uns für Nerja. Auf dem Weg dorthin sehen wir viele verkleidete Kinder, die heute Epiphanias feiern werden. Es ist voll in Nerja. Wir kommen an dem offiziellen Stadtparkplatz an, möchten aber keine 12 Euro bezahlen und müssen erst mal wieder wenden. Ein roter Van aus Berlin findet den Platz ebenfalls zu teuer und fährt genau wie wir auf den kostenlosen Parkplatz unterhalb der Altstadt.
Als wir ankommen, wird es langsam dunkel. Trotzdem kommen immer mehr Autos an, aus denen Kinder mit ihren Eltern steigen, die alle festlich gekleidet sind. Wir erklären Oskar und Tilda, dass heute hier die Ankunft der heiligen drei Könige gefeiert wird. Sie sind gleich ganz aufgeregt. Als wir in die Altstadt laufen sehen wir als erstes eine große Menschenansammlung, die einen Umzug betrachtet. Wilde Figuren auf Wagen fahren durch das idyllische Nerja. Belustigt stellen wir fest, dass gleich hinterdrein ein Straßenreinigungsfahrzeug fährt und alles wieder saubermacht. Die Geschäfte haben heute am Freitagabend alle geöffnet und die Leute sitzen draußen in den Restaurants an den Plätzen.
Der Platz am Balkon dèurope ist voller Menschen, die an einer Bühne auf die heiligen drei Könige warten. Selbst im Winter scheint hier das Leben auf der Straße stattzufinden. Wir schauen im Dunkeln auf das Meer und plötzlich ist Afrika ganz nah. Tilda fragt, ob man die Löwen am Strand auf der anderen Seite sehen kann, da sie der festen Meinung ist, dass ganz Afrika von Löwen übersäht ist. Da müssen wir schmunzeln und vertrösten Tilda auf einen anderen Zeitpunkt, an dem wir bei guten Lichtverhältnissen hinüberschauen werden.
Zurück in der Laika fängt es plötzlich an zu Regnen. Es ist so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Wir machen uns Gedanken, ob wir uns morgen früh im Schlamm festfahren werden. Aber das Wasser läuft wieder ab und wir fahren am nächsten Morgen los. Der Himmel ist wolkenverhangen und die Fahrt an der Küste erlaubt uns diesmal keinen dieser atemberaubenden Blicke auf das Meer.
Wir möchten weiter Richtung Malaga und haben schon vor drei Wochen einen geeigneten Stellplatz in der Nähe der Stadt entdeckt, auf dem wir länger stehen möchten, um nach dem vielen Rumreisen mal etwas anzukommen. Die Fahrt nutzen wir wie immer, um spannende Fotomotive zu entdecken. Für unser online Fotoarchiv sammeln wir unter anderem leere Reklametafeln.
Hier in Andalusien finden wir viele tolle Tafeln und Schaukästen, die jetzt in der Nebensaison nicht genutzt werden und so zu skurrilen Objekten in der spanischen Landschaft geworden sind. Wir können nicht bei jedem guten Motiv anhalten, weil entweder Lou gerade eingeschlafen ist oder die Großen Hunger haben und endlich ankommen wollen. Aber oft helfen uns die Kinder auch bereitwillig bei der Suche nach Fotomotiven und so schreit Oskar immer laut "Schtreet Arzt" bei jedem Graffiti und Tilda weist uns ebenfalls gerne auf Dinge hin und fordert uns auf endlich ein Bild zu machen.
Etwas später am Tag entdecken wir den Wohnmobil-Stellplatz von der Autobahnabfahrt aus – er ist direkt am Meer gelegen und es stehen bestimmt hundert Wohnmobile auf einem Schotterplatz mit Palmen. Als wir abbiegen und in dem kleinen Ort Rincon de la Victoria Richtung Stellplatz fahren wollen, stecken wir plötzlich fest. Unser Navi hat eine Durchfahrt nicht gespeichert, durch die unser Wohnmobil nicht passt, da wir 3,30 Meter hoch sind. Dann passiert etwas Unerwartetes: Insgesamt 6 Leute, die entweder aus ihren Wohnungen kommen oder gerade an uns vorbeilaufen, helfen uns plötzlich. Sie rufen uns etwas auf Spanisch zu, winken aufgeregt und lachen. Alle wollen uns helfen wieder herauszukommen und diskutieren wild miteinander. Unser erster Schreck ist schnell vergessen und als wir weiterfahren können, sind wir froh, dass alles so glimpflich abgelaufen ist.
Am Stellplatz angekommen suchen wir uns einen schönen Platz in der zweiten Reihe und bekommen einen Code, um vorne aus dem Tor direkt an die Strandpromenade zu gelangen. Die Kinder merken sich den Code sofort und schon nach kurzer Zeit können sie selbständig auf die Spielplätze an der Strandpromenade gelangen, was ihnen und uns sehr gut gefällt.
Da wir nun planen 10 Tage hier zu bleiben holen wir die Fahrräder herunter und starten endlich zu einer Fahrradtour. Zum ersten Mal befestigen wir Lou`s Wagen am Fahrrad und sie genießt ihre erste schnelle Fahrt in vollen Zügen. Am nächsten Tag beschließt Tilda, dass sie nun zu groß ist für ihr Laufrad und will unbedingt auf Oskars altem Puky Rad Fahrradfahren lernen. Nach kurzer Zeit fährt sie selbstständig die Promenade am Meer rauf und runter und wir sind glücklich, dass sie jetzt – Anfang Januar – plötzlich Fahrradfahren lernt.
Bereits auf dem Weg nach Malaga ist uns ein Leck in der Wasserzuleitung unseres Wasserboilers aufgefallen, sodass wir nach einem Mechaniker fragen. Die Leute vom Stellplatz sind sehr hilfsbereit und sagen uns, dass sie einen Mechaniker für den Stellplatz haben, der jeden Montag und Freitagmorgen vorbeikommt, da der Bedarf hier immer da ist.
Also warten wir auf einen Camouflage Van, der Montagmorgen ankommen soll. Gegen 13:30 und einer langen Wartezeit entdecken die Kinder den Van und rufen uns aufgeregt. Endlich ist der Mechaniker da! Er schaut sich alles an und verspricht uns eine neue Dichtung aus Malaga mitzubringen – am Freitag.
In der Zwischenzeit fahren wir mit dem Bus nach Malaga. Wir sind nervös und wissen nicht, ob wir überhaupt mitgenommen werden, Aufgrund der Größe von Lou‘s Wagen. Oskar winkt aufgeregt nach dem Bus als er ihn sieht – das haben wir schon gelernt, dass man hier nach den öffentlichen Verkehrsmitteln winken muss, damit sie anhalten. Alles geht gut und wir haben eine wunderschöne Fahrt direkt an der Küste entlang bis nach Malaga.
In Malaga genießen wir die autofreie Altstadt und bewundern die Weihnachtsbeleuchtung der Einkaufstraßen. Ein großflächiges Netz aus Lichterketten überdacht die große Rambla in voller Länge – eine gute Straße zum Rollerfahren, ganz besonders, da es jetzt nach den Feiertagen nicht so voll ist.
Uns fällt die oft interessant und fantasievoll gestaltete Street Art auf, die fast an jeder Straßenecke auf uns wartet. Tilda und Oskar interessieren sich vor allem für die Papageien, die hier in den Palmen wohnen und kreischend von Ast zu Ast fliegen.
Am Abend möchten die Kinder unbedingt noch mit dem Riesenrad am Hafen fahren, das in allen Farben leuchtet. Wir versuchen dieses Farbenspiel zu filmen und genießen die Sicht über die Stadt und den Hafen. Im Dunkeln fahren wir mit dem Bus wieder zum Stellplatz zurück und erholen uns von dem Tag in der Stadt.
Immer wenn es dunkel wird, fällt auf dem Stellplatz der Strom aus. Als wir nachfragen wird uns erzählt, dass dies an den Heizlüftern liegt, die abends gehäuft angesteckt werden, da es oftmals noch auf 7 Grad abkühlt. Aber irgendwann bemerken wir woran es wirklich liegt – sobald es dunkel wird, wird die Wegbeleuchtung eingeschaltet, die mit Bewegungsmelder funktioniert und sobald einer anspringt fällt der Strom aus, bis die Sicherung wieder eingeschalten wird. Als wir mit dem Mann an der Rezeption sprechen, glaubt dieser uns zunächst nicht. Aber am nächsten Tag wird der Fehler endlich auch von den Besitzern entdeckt und die Lampen werden ausgestellt.
Wir haben allerdings plötzlich durch das ständige An und Aus der Stromzufuhr ein großes Problem: Eines Abends, als die Kinder gerade schlafen, fällt hinten im Wohnmobil der komplette Strom aus. Mit Taschenlampen laufen wir nach vorne zur Rezeption und merken, dass heute jemand anderes Dienst hat und die Lampen wieder eingeschaltet hat. Dies hat dazu geführt, dass unsere Elektronik ausgefallen ist. Nach längerem Suchen, Tauschen der Sicherung und einem Check der Relais bekommen wir den Strom wieder zum Laufen.
Trotz allem warten wir wieder auf den Mechaniker im Camouflage Van, der auch noch eine neue Wasserarmatur für uns bestellt hat – die alte war ebenfalls undicht. Dieser kennt uns nun schon ganz gut und schaut sich auch noch einmal unsere Stromzufuhr an. Als er hört, dass wir als Künstler mit drei Kindern reisen fällt er vor uns auf die Knie und ist ganz begeistert davon.
Am nächsten Tag entscheiden wir uns die Meereshöhlen oberhalb von Rincon de la Victoria anzuschauen. Da wir schon am Vortag den Berg hoch zu Lidl gewandert sind und dieser extrem steil war, sind die Kinder zunächst nicht besonders begeistert. Hinzu kommt, dass es regnet. Oben angekommen müssen wir auch noch feststellen, dass die Höhlen erst nach der Siesta um 15:00 wieder öffnen.
Da es erst 14:00 ist, wir aber nicht mehr von dem steilen Berg hinunter können, stellen wir uns unter das Wellblechdach am Parkplatz und warten. Kurz vor 15:00 stehen wir am Tor und möchten endlich hinein. Der entspannte Umgang der Spanier mit der Zeit kommt uns diesmal nicht gelegen. Als um 15:20 endlich das Tor geöffnet wird, sind wir alle etwas durchgefroren. Wir haben dafür in der darauffolgenden Stunde die Gelegenheit die größten Meereshöhlen Europas als einzige Besucher an diesem Tag zu erkunden.
Wir sind begeistert – es geht tief unter die Erde. Lou in der Trage schaut sich alles mit großen Augen an. Es herrscht vollkommene Stille hier unten, was besonders uns Erwachsenen sehr positiv auffällt. Es gibt zwei Süßwasserseen in den Höhlen, die gemeinsam mit dem Salzwasser des Mittelmeeres einzigartige Formationen gebildet haben. Erstaunt sind wir auch wie trocken und warm es hier unten in den Höhlen ist. Sehr entspannt und wieder aufgewärmt kommen wir wieder draußen an.
Jetzt wird es Zeit Abschied zu nehmen von dem Stellplatz in Malaga. Wir möchten weiter nach Gibraltar – dem Affenfelsen –, um dort endlich bei gutem Wetter Afrika zu sehen.
Familie Weiser
Wenn Du mehr zu den Kunstprojekten der Weiser Familie erfahren möchtest, findest Du auf der Website der Familie Weiser weitere Informationen.
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