Wie weiblich ist eigentlich E-Sport?

Wer immer noch „Fußballerfrauen“ sagt und eigentlich Frauenfußballerinnen meint, sollte in Sachen sportlicher Geschlechtergleichstellung dringend an seiner Wahrnehmung und seinem Vokabular arbeiten. Denn die faire Balance zwischen männlichen und weiblichen Protagonisten und Fans ist nicht nur beim Ballsport ein wichtiges und drängendes Thema. Auch bei E-Sports und E-Gaming besteht hinsichtlich der gerechten Geschlechterverteilung noch großer Handlungsbedarf. Dennoch gibt es einige Länder, in denen effizienter und schneller an der Beseitigung von sportlichen Geschlechtergleichstellungsbarrieren gearbeitet wird.

In Südkorea und China beispielsweise steht es um die Gender Equality bei E-Sports gar nicht so schlecht. So gibt es im Reich der Mitte 46 Prozent weibliche Gamer. Das sind immerhin 16 Prozent mehr als weibliche E-Sports-Fans. Hier nämlich fällt das Verhältnis in China mit 30:70 zugunsten eines sehr viel größeren Männeranteils aus.

Nur in Südkorea ist das E-Gaming mit 32 Prozent weiblicher E-Sports-Anhängerinnen noch etwas gendergerechter. In jedem Fall liegen beide asiatischen Länder weit über dem globalen Schnitt von dürftigen 22 Prozent. In Deutschland sind mit 20 Prozent immerhin ein Fünftel der E-Sports-Fans weiblich, etwas weniger als in Frankreich (23 Prozent) und in Kanada (25 Prozent). Noch viel weniger weiblich ist die E-Sports-Fan-Szene in den USA (17 Prozent) (Quelle: Nielsen Esports Fan Insights 2018).

So unterschiedlich und auch ungerecht die Gewichtung zwischen männlichen und weiblichen E-Sports-Fans in den von Nielsen untersuchten Märkten (USA, Großbritannien, Frankreich, China, Japan, Südkorea und Kanada) ist, so divergierend scheinen auch die Gründe dafür zu sein, warum Männer und Frauen sich fürs Gaming begeistern, zumindest in einigen Punkten. Dass Frauen auch deshalb E-Sports-Fans sind, weil sie dadurch die Möglichkeit haben, sich Cosplay-Events anzusehen oder selber daran teilzunehmen, riecht indes stark nach Klischee. Einig sind sich die Fan-Geschlechter in jedem Fall darüber, dass E-Sports vor allem der Unterhaltung dienen.

Doch sich nur auf E-Sports-Übertragungen zu konzentrieren, ist weder Fraus noch Manns Sache. Vielmehr laufen einige Dinge parallel dazu, vor allem die Social Media. In denen sind weibliche E-Sports-Fans während E-Sports-Events zu 46 Prozent unterwegs, während sich nur 38 Prozent der Männer in dieser Zeit den sozialen Netzwerken widmen. Ziemlich ausgeglichen sieht es beim generellen Surfen während E-Sports-Spielen aus. Die größte Lücke zwischen weiblichen und männlichen E-Sports-Fans ergibt sich indes beim gleichzeitigen Spielen genau jenes Games, bei dem man gerade zuschaut. Nur 15 Prozent der Frauen machen dies, während es bei den Männer 27 Prozent sind.

Weibliche Fans = weibliche Gamer?

E-Sports rücken immer weiter in die Wahrnehmung und Akzeptanz der breiten Masse. Je selbstverständlicher das Gaming wird, desto normaler wird auch der weibliche Wunsch betrachtet, nicht nur Fan, sondern auch Gamerin zu werden. Schließlich ist der Markt groß. Allein der chinesische Markt soll dieses Jahr einen Wert von fast 15 Milliarden US-Dollar erreichen.

Dennoch sind weibliche Gamer global betrachtet unterrepräsentiert und werden unfair behandelt. Weltweit werden 43 Prozent der Frauen, die ihr Gaming streamen und damit Content kreieren, nicht bezahlt. Bei den Männern sind es indes nur 38 Prozent, die leer ausgehen. Die größte Lücke findet sich in den USA (47 Prozent weiblicher im Gegensatz zu 24 Prozent männlichen unbezahlten Streaming-Gamern). Den umgekehrten Geschlechterabstand weist indes China auf. In der Volksrepublik sind es nämlich mit 22 versus 14 „weiblichen“ Prozent die männlichen Streaming-Gamer, die öfter Gratis-Gaming-Content erschaffen.

Auch in Sachen Gaming-Geräte zocken Frauen anders. Sie bevorzugen beim Gaming in erster Linie das Smartphone, erst dann folgt mit 35 Prozent der PC und mit 23 Prozent die Konsole.

Jenseits der Alpen geht’s nicht gerechter zu

Warum aber in Sachen Geschlechtergleichstellung beim Gaming in die chinesische Weite schweifen, wenn es doch auch gleich in unserer Nachbarschaft ungleich zugeht. Das zeigt jedenfalls die eSports Umfrage der T-Mobile Austria-Tochter UPC. Den Daten zufolge sieht es mit insgesamt 53 Prozent männlichen und 47 Prozent weiblichen Gamern zwar recht ausgeglichen aus, doch betrachtet man das Verhältnis der Daily Gamer, wird es mit 67 versus 33 Prozent wieder arg männlich. Zudem sind gerade einmal 5 Prozent der professionelle E-Sportler in der Alpenrepublik weiblich.

Das wollte Natalie Denk, Spieleforscherin an der Donau Universität Krems und selbst leidenschaftliche Gamerin, nicht mehr so hinnehmen und gründete kurzerhand die Plattform League of Girls. Mithilfe dieses Formats sollen sich vor allem Gamerinnen über News, Chats und die Community vernetzen, austauschen und verbessern. Männer sind bei League of Girls übrigens auch gerne gesehen – nicht nur als Mentoren für Gamerinnen.